REVIEWS

Plattentests.de ("Album der Woche" 13.04.2022)

Weinende Emojis

"Und er sammelt weiter Jahre für einen tollen Lebenslauf / Ein spannendes Exempel für Erfolg": Schon als Peter Löwe noch den deutschen Emo-Helden Mikrokosmos23 vorstand, waren ihm das Rattenrennen und das Eigenheimleisten mehr als bloß Dornen im Auge. Auch der Titel seines neuen Albums "Ein gutes Leben" sowie dessen umwerfender Einstieg "Startlinie und Zielband", beides auf bittere Weise selbsterklärend, sprechen da Bände. Mikrokosmos23 tauchen in der Öffentlichkeit nun schon seit einer Weile nicht mehr auf, ihr Sänger tingelte aber weiterhin als Mustermannmusik durch Deutschland, hielt an der Idee mit beiden Händen fest. Auch dieses Kapitel scheint nun beendet, jetzt steht er zu seinem Klarnamen - der Imageberater aus der "Memorandum"-Rezension hat endgültig verloren. Und woran Löwe im Verborgenen gebastelt hat, während der Pandemiepause seiner aktuellen Band Elmar, verfehlt seinen Zweck nicht: Wie ein alter Freund schmiegen sich Stimme, Texte und Gitarrenspuren zwischen Liedermachergeste und Rockband-Resten an Hirn und Herz, sodass es eine wahre Freude ist.

Der Lo-Fi-DIY-Charakter der Aufnahmen klingt, gerade in den voll instrumentierten Stücken, einmal nach alten Genre-Klassikern vergangener Tage und sorgt andererseits dafür, dass kein unnötiger Kram von den unmittelbaren Botschaften ablenkt. An den Drums unterstützt Ex-Mikrokosmos23-Trommler Tom Pätschke, ein Freundschaftsdienst. "Mörtel" thematisiert den Rückzug ins Private, wenn man angesichts des ganzen Irrsinns da draußen nur noch resignieren kann. Tocotronic nicken wissend. Das wundervolle Songwriter-Kleinod "Stecknadel" wird in der Mitte zu urklassischem Indie-Rock und einer Ode an die oder den Partner*in. "Ein gutes Leben" changiert zwischen Liebesliedern und sozialkritischem Punk-Charme, den Eckpfeilern dessen, was schon Löwes Band damals in ihren post-hardcorigen Emo verpackt hat.

Mit "Eine neue Frage" und "Mein Baumhaus" sind darüber hinaus mindestens zwei Songs vertreten, die anno dazumal schon durch Mikrokosmos23-Setlisten gegeistert sind. Gerade letzterer bringt das Kunststück fertig, bei allem Leid gekonnt die scharfen Klippen des Kitschs zu umschiffen und trotzdem direkt in die Magengrube zu zielen. Man möchte Herrn Löwe fragen, wer ihm so dermaßen beschissen das Herz gebrochen hat, und erkrankt höchstwahrscheinlich sogar dann an bösartigem Liebeskummer, wenn man seit hundert Jahren in einer erfüllenden Beziehung ist. Es ist okay, Gefühle zu zeigen, liebe Punks. Wirklich. Und "Maggie mon amour" macht direkt da weiter.

Mikrokosmos23 haben nicht nur im Emo, sondern in der gesamten deutschsprachigen Gitarrenlandschaft eine Lücke hinterlassen, die zwar unzählige Schrammel-Bands neu zu bevölkern versuchten, die aber nie richtig gestopft werden konnte. In ähnlicher Intensität haben seitdem höchstens Heisskalt clever-unprätentiöse und dabei oftmals todtraurige Lyrics in spannende Musik kleiden können, die dann aber nach drei Alben genau den gleichen Weg in die Abgeschiedenheit wählten. Dass nun ausgerechnet Corona ein kleines bisschen die Rückkehr der Band bewerkstelligt hat, es lässt hoffen und daran glauben, dass potenziell auch der größte Mist für irgendetwas gut sein kann: Schöner leiden, gekonnter den großen Thees Uhlmann zitieren und wirkungsvoller die Gratwanderung zwischen unpeinlichem Herzschmerz, zaghaftem Lächeln und mitreißendem Songwriting meistern als Peter Löwe werden 2022, dem Jahr, in dem alles langsam wieder besser wird, wohl die wenigsten. "Es tut weh, damit es heilen kann."

Ralf Hoff 


VISIONS Magazin (Ausgabe 350, 33. Jahrgang, 05/2022)

Wer mag sich noch einmal mitreißen lassen vom DIY-Emo der frühen 10er Jahre? Peter Löwe, Sänger bei Mikrokosmos23 und Gitarrist bei Elmar, hat ein Soloalbum aufgenommen. Ein vages Unterm-Durchschnitt-Echo schwingt noch mit, wenn Peter Löwe zur Gitarre greift, jenem Kölner Label, auf dem seine Band damals Split-EPs mit Matula und Adolar veröffentlichte. Schon seit Jahren spielt Löwe seine Songs live als Akustikversionen, in ebendiesem Stil bewegt sich auch Ein gutes Leben. Dass er sein Solodebüt auf eigene Faust veröffentlicht, macht das Projekt nur noch intimer. Sein Rückzugsort Mein Baumhaus etwa ist anders als das von Captain Planet nicht ausgebrannt, beherbergt allerdings unter den morschen Brettern mehr Einsamkeit als Nostalgie. Schon bei Mikrokosmos23 haben die Texte mitunter wehgetan, im Bandgefüge fanden die Emotionen aber immer Erlösung in wütendem Screamo und Punk. Solo hat Löwe diesen Ausgleich nicht, oft begleitet ihn nur seine Akustikgitarre bei Ein gutes Leben. In den zerbrechlichsten Momenten trägt Löwes Stimme die Wehmut eines Kevin Hamann von ClickClickDecker in sich, vor allem klingt sie jedoch unverstellt. So springt Löwe von einer fotografischen Momentaufnahme zur nächsten, mal elliptisch, mal plastisch, immer auf der Suche nach dem, was ein erstrebenswertes Leben sein könnte. Was ein solches ausmacht? Die Antwort und das Schlusswort liefert eine Randnotiz auf dem begleitenden Textblatt: "Ein gutes Leben zu führen, bedeutet gut zu sein." 

Das steckt drin: ClickClickDecker, Katzenstreik, Tigeryouth  (8/12)

Sebastian Stöwer 


OX Fanzine (Nr. 162, 3/2022, Juni/Juli)

Wer sich im Emo-Land bewegt, der ist vermutlich mal über MIKROKOSMOS23 oder vor kürzerer Zeit auch über ELMAR gestolpert. Das Bindeglied zwischen diesen beiden Bands ist Peter Löwe. Selbst wenn er einmal nicht mit einer dieser beiden Bands, sondern allein unterwegs war, lief das bisher nicht unter seinem Namen, sondern unter MUSTERMANNMUSIK. Peter beschreitet mit seiner Soloplatte also neue Wege. Nicht nur stimmlich, sondern auch sprachlich erkennt man Sänger von MIKROKOSMOS23 wieder. Es ist aber nicht der sentimentale Faktor, der "Ein gutes Leben" die Kraft verleiht, einem Schauer über den Rücken laufen zu lassen. Es ist auch nicht der überaus charmante TOMTE-Bezug im Song "Nur eine Seite". Ohne hier einen Plagiatsvorwurf zu machen, ist es eher die Nähe zum Songwriting-Prinzip von SPACEMAN SPIFF, die dieses Album wirklich wunderschön macht. Die Songs sind nicht verschwurbelt, nicht vollgepfropft mit Klischees. Sie sind hingegen vollgepackt mit Gefühl und Melodie und dabei sehr geradlinig. Es ist wahnsinnig schwer, einzelne Highlights aus diesem Album herauszupicken, weil sie überall sind. Auch da, wo man sie gar nicht mehr kommen sah. "Ein gutes Leben" ist eine wundervolle DIY-Platte, die mir allein beim ersten Durchlauf sicher fünfmal die Tränen in die Augen getrieben hat. (9/10)

Bianca Hartmann


Vinyl-keks.eu

"Er hat schon wieder Ende gesagt, das traurigste aller Wörter"
Peter Löwe, hoffentlich, selbstverständlicherweise, allseits bekannt aus der wunderbaren Dresdner Combo Mikrokosmos23 und später, beziehungsweise (als wir jung waren ist) jetzt, die Betriebstemperatur haltend bei Elmar.
Ich erzähle euch nun von einem dieser klitzekleinen Zufälle, die diese musikalischen Welten manchmal zu bieten haben. Ich stoße auf Peter durch eine kleine Plattenbestellung. Er erinnert sich an mich, fragt, ob ich seine gerade erschienen LP besprechen möchte. Er hat diese gewisse Lücke, die wir wohl alle kennen und in unserem (musikalischen) Leben haben: 2020. Er hat sie genutzt, alle blieben zuhause, er hatte eben viel Zeit und wollte diese Zeit auf gar keinen Fall ungenutzt lassen....
es entstand "ein gutes Leben".

Peter verweist darauf, dass er Freunde hat. Was ihn sehr ehrt, ich mache (Punk)Musik, weil ich eine leicht misantropische Veranlagung habe. Kann mich aber inzwischen doch auch erheitern lassen, durch eine gewisse Melancholie in gut gespielten, emotional anregenden Veröffentlichungen. So eine Schallplatte kann ja auch ein Gespräch unter Freunden sein. Ist zwar etwas einseitig, also die Freundschaft, aber egal: Hauptsache, da tut sich was!
Also er hat das Glück, Freunde zu haben, die ihm bei diesem Release geholfen haben. Peter an der Gitarre und am Gesang, Schlagzeug Tom Pätschke und aufgenommen wurde das Album von Marcel Gröner. Julia hat gesanglich unterstützt bei "Mein Baumhaus". Gemischt von Killian Brandt und gemastered in der Tonmeisterei Oldenburg. Artwork von Christian Brix.

Ich mag keinen besonderen Song hervorheben, dafür ist die Musik zu melancholisch und teilweise zu ähnlich nach den ersten Durchläufen. Liegt aber ganz sicher an meinen Hörgewohnheiten, bei denen selten Akustikmusik auf dem Plattenteller liegt.
Peter Löwe schafft es aber, viel Abwechslung auch durch überraschende Instrumentierung reinzubringen und mich immer wieder aufhorchen zu lassen; mal abgesehen von den wunderbaren Texten! Ein Freund beschriebt ihn als Menschen, dessen Herz nicht in seinen Kopf passt. Ehrlich - da kann man doch nur dahinschmelzen!
Teilweise gibt es nur Gitarre und Stimme wie "mein Baumhaus". Beim ersten Song kommt im Laufe des Liedes ein Schlagzeug dazu "Startlinie und Zielband".
Ein absolut passendes Video gibt es zu diesem Song.


Erinnert mich sehr an How I Left. Ihr kennt sie vielleicht noch nicht, mich begleiten sie schon eine ganze Weile - btw: sie haben auch ein erstes Album raus! Harry Gump kommt mir in den Sinn. Halt so Typen mit ner Klampfe um den Hals! Ganz wundervolle, kleine Geschichten, persönlich, der Sound fast schon verspielt. Keine großen Haken und Schlenker. Ein wenig Delay, waberndes Irgendwas drauf. Das klingt wirklich toll. Ich kenne mich mit Effekten nicht so gut aus. Punkrock: Distortion an/aus, haha! Mit seiner Band Elmar kennt er das ja auch.
Der Rausschmeißer "der Flieger" kommt noch mit einem Pianoeinsatz um die Ecke.

Eine schöne, verliebte, melancholische Platte. Peter Löwe - Ein gutes Leben. Erschienen am 01. April 2022.

Felix Frantic


TRUST Fanzine (Nr. 214/03 Juni/Juli 2022)

Dass Peter Löwe hier nun sein erstes Soloalbum veröffentlicht, ist das Ergebnis des Lockdowns und der letzten beiden Corona-Jahre. Eigentlich spielt der in Meißen/Sachsen aufgewachsene Peter nämlich bei Elmar und davor sein halbes Leben lang in Mikrokosmos23. Während er - wie so viele während Corona - zurückgeworfen auf das eigene Zuhause und ohne Auftritte ist, fängt er an, allein Musik zu machen. Erfahrung hat er schon in kleinen Solo-Live-Auftritten vor Corona gesammelt. Mit viel Zeit, Liebe, Arbeit und der Hilfe von Freunden sind neun wunderbare Songs entstanden, die mich beim ersten Hören gleich an Kettcar denken lassen: emotional, energiegeladen, melancholisch, tröstend. Aber Dresden ist nicht Hamburg und Peter nicht Markus Wiebusch und so gelingt ihm hier ganz im Singer/Songwriter-Stil mit seiner Stimme und seiner Gitarre - nur manchmal begleitet durch ein Schlagzeug - ein ganz eigener Sound. Und er hat mit dem Album vielleicht genau den Soundtrack geschaffen, um die letzten zwei Jahre zu verdauen. Zu erwähnen ist noch das sehr hübsche Cover der Platte im unverkennbaren Emo-Stil. 

(judith)


Bierschinken.net

Peter Löwe war die Stimme von Mikrokosmos23, die sicherlich zu den Pionieren des deutschsprachigen Emo-Punks gelten. Danach fing Peter an bei ELMAR, deren letzte Platte ich auch besprochen habe, Gitarre zu spielen und im Hintergrund zu singen und es zu genießen, dass er nicht auf Mikrokosmos23 angesprochen wird und einfach nur Spaß auf der Bühne hat. Und das sah man ihm auch an - ich habe sie echt oft live gesehen.

Als er mir schrieb, dass er eine Solo-Platte aufgenommen hat, dachte ich schon: Alles klar, Corona und Peter juckt es wieder in den Fingern. Und daraus geworden ist eine Singer-Songwriter-Album mit Groove, Folk und Pathos und grüblerischen Texten und den unfassbaren Pop-Hit-Melodien, die schon Mikrokosmos23 begleitet haben. Zwischendurch wird Tomte zitiert und wenn Mensch den Promo-Text liest, der eher ein Brief an die lesende Person ist, dann wird einem auch klar, dass Peter hier ordentlich investiert hat - finanziell und persönlich und je nach Spielraum sind die Texte nun biographisch oder Storytelling. Spielt keine Rolle, denn entweder Mensch mag solche Musik oder halt nicht und ich persönlich kann das ab und an gut hören. Nicht immer und nicht jeden Song. Aber die Songs mit Drums und Pop-Appeal und der pling pling Gitarre und den Tasten sind schon echt gut und dass Peter schon ewig Songs schreibt, ist offensichtlich. Für immer Punk? Nein. Vor einigen Jahren vercheckte er auch schon auf Facebook einen Haufen seiner Platten und ich dachte nur, "was geht'n Alter" und kaufte ihm die OSTZONENSUPPENWÜRFELMACHENKREBS-Platte ab! Aber erwarten tun das ja nur die ewig-gestrigen, die ernsthaft "keine Emos, keine Nazis" auf ihre Konzertplakate schreiben, wo ich merke, dass ich solche Menschen verabscheue! Dann lieber biergetränkten Pathos mit Akustikgitarre. Dann doch lieber diese Platte!

kraVal


Flight 13 Records

Peter Löwe war Sänger und Songwriter der deutschen Emo-Helden Mikrokosmos23 und ist mittlerweile Gitarrist bei Elmar. Während der Pandemie entstanden neue Songs, die unter seinem Klarnamen das Licht der Welt erblicken, selbst veröffentlicht und mit Hilfe alter Freunde wie Mikrokosmos23 Drummer Tom Pätschke, Produzent Marcel Gröner und Julia Gröner, die Zweitstimme bei einem Song beisteuert. Die Platte ist wunderbar melancholisch, nie kitschig, geht dahin wo es wehtut und erinnert an ClickClickDecker, Spaceman Spiff oder Kettcar. Wer die genannten mag, wird das hier lieben!


GreenHell Records

Peter Löwe kann - oder sollte? - man kennen als Gitarristen von mikrokosmos23 und Elmar. Im Corona Lockdown hat er endlich mal seine Songs aufgenommen, mit Hilfe von Freunden hier und da und es ist ein schönes Emo-Indie-Album geworden, das bei allen FreundInnen von Tomte, Kettcar oder Matula offene Scheunentore einrennen dürfte. Oder ClickClickDecker. Solo aufgetreten ist Peter schon seit 2006, das war mir gar nicht bewusst. Eine schöne Homepage zum Album gibt es auch unter www.mustermannmusik.de.

 


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